„Ich will dich unterweisen und dir den Weg zeigen, den du gehen sollst; ich will dich mit meinen Augen leiten.“, Psalm 32, 8 Wie schnell kann so ein dreiviertel Jahr vorbei sein? Sehr schnell, kann ich Ihnen sagen. In meinem Kopf ist es noch gar nicht so lange her, dass ich als FSJlerin am 01.09.2024 in Goseck anfing. Und der Gedanke, dass ich diese Stelle nun so bald wieder verlassen werde, ist ganz komisch. Zu Beginn war ich ein recht ängstlicher Mensch. Ich mochte nicht, bei Leuten anzurufen, noch dazu, wenn ich sie nicht kannte; ich hatte Angst in Situationen zu sein, die ich vorher nicht einschätzen konnte; ich wusste nicht recht, wie ich auf Menschen zugehen soll und ich war oft ängstlich, wenn ich in neue Situationen geworfen wurde, die ich nicht kannte. Ich habe in diesem FSJ sehr viel über mich und Andere gelernt. Meine Familie sagt jetzt: Ich bin in diesem Freiwilligen Sozialen Jahr erwachsen geworden. Ich wurde oft ins kalte Wasser geworfen und mit Situationen konfrontiert, vor denen ich Respekt hatte; doch ich habe gelernt, dass ich auch diese bewältigen kann. Ich habe neue Menschen in den Dörfern kennengelernt, ich habe Veranstaltungen organisiert und gelernt, wie man für 30 Menschen Kaffee kocht. Ich habe mich mit Ämtern rumgeschlagen, habe Protokoll bei Sitzungen geführt, bei denen ich keine Ahnung hatte, worum es überhaupt geht und habe eine riesige Liste geführt, wo ich alles notiert habe, was Pfarrer Schilling-Schön und ich noch zu tun haben. Ich habe Kinder- und Jugendgruppen betreut und gemerkt, dass es manchmal wichtiger ist, dass die Kinder Spaß haben, als dass mein Lernziel für sie erfüllt wurde. Ich habe mit den Frauen vom Frauenkreis in Kleinjena Kaffee getrunken und den Geschichten aus ihrem Leben gelauscht, was bis heute eine meiner Lieblingsbeschäftigungen ist. Ich habe Predigten für Sie geschrieben und die Podcast-Gottesdienste mitbetreut und die Social-Media-Präsenz unseres Pfarrers gemanaget. Und ich habe meine Passion für die Musik ausgeweitet. Mein Orgelspiel ist in diesem Jahr mit mir gewachsen: von zunächst einfachen Begleitungen für Gottesdienst-Gesänge, hin zu den überwältigenden positiven Reaktionen auf “Toccata und Fuge” von Bach in Goseck zu Weihnachten, über das Spiel bei Trauerfeiern und Taufen, bis zu meinem Entschluss, auch nach Ende meines FSJs am 30.06. ehrenamtlich in Goseck die Orgel zu spielen. All das hat mir zwei wichtige Lektionen gelehrt: 1.: Keine Panik kriegen, das raubt einem nur Zeit, um einen Plan B zu suchen; und 2.: Selbst, wenn man in einer Situation mal überfordert ist, gibt es irgendwo immer einen lieben Menschen, der einem helfen kann. Das hat mir die Angst vor unvorhersehbaren Umständen genommen. Jetzt lasse ich sie einfach auf mich zukommen. Dieses Jahr lässt sich wahrscheinlich ganz gut mit den Worten aus Psalm 32 zusammenfassen: „Ich will dich unterweisen und dir den Weg zeigen, den du gehen sollst; ich will dich mit meinen Augen leiten.“ Ich glaube, Gott hat mich dieses Jahr wirklich geleitet. Es war eine meiner besten Entscheidungen, dieses FSJ zu machen und auch währenddessen hatte ich immer eine schützende Hand über mir. Pfarrer Schilling-Schön hat am Anfang meines FSJs mal gesagt: “Ich will, dass du merkst, dass das Wasser, auf dem du schwimmst, trägt.” Und ja, liebe Gemeinde, das habe ich, dank Ihnen, dank meinem Pfarrer und dank Gott. Auf Gottes Weisung und Leitung hoffe ich nun auch auf meinem nächsten Weg, der mich ab Oktober hoffentlich in ein Medizinstudium führen wird. Ich danke Allen, die ein Teil dieses Kapitels in meinem Leben waren! Amen. Ihre Charlotte Michalski

 


Was mich bewegt

Man muss den Dingen die eigene, stille, ungestörte Entwicklung lassen, die tief von innen kommt, und durch nichts gedrängt oder beschleunigt werden kann; alles ist austragen – und dann Gebären… Reifen wie der Baum, der seine Säfte nicht drängt und getrost in den Stürmen des Frühlings steht, ohne Angst, dass dahinter kein Sommer kommen könnte. Er kommt doch! Aber er kommt nur zu den Geduldigen, die da sind, als ob die Ewigkeit vor ihnen läge, so sorglos still und weit … Man muss Geduld haben, gegen das Ungelöste im Herzen, und versuchen, die Fragen selber lieb zu haben, wie verschlossene Stuben, und wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache geschrieben sind. Es handelt sich darum, alles zu leben. Wenn man die Fragen lebt, lebt man vielleicht allmählich, ohne es zu merken, eines fremden Tages in die Antwort hinein. (R.M. Rilke)

 

Mit diesem Gedicht legen wir Ihnen eine Andacht für zu Hause ans Herz : Die Passionszeit und das Osterfest dient der Besinnung auf die Fragen nach Hingabe, nach Leiden, nach dem Weg, alles in das eigene Leben zu integrieren. Rilke spricht davon und er verweist auf die Geduld, wie es auch die Bibel tut. Versuchen Sie, jeden Wochentag auf einem ruhigen Platz 5 Minuten eine Andacht zu feiern. Es kann Ihnen die Kraft geben, die Sie brauchen, um Ihr Leben mit allem anzunehmen.

 

Zünden Sie bitte eine Kerze an. Sprechen Sie innerlich oder laut:

Im Namen des dreieinigen Gottes - Amen.

Gott. Ich bin hier. Und du bist hier. Ich bete zu dir. Und weiß: ich bin verbunden. Mit Dir. Mit anderen, die zu Dir beten. Dafür danke ich Dir. Amen.

 

Schließen Sie eine kleine Meditationsphase an: Sitzen Sie ruhig und aufrecht. Lassen Sie die Hände ruhen. Die Augen sind nur ein wenig geöffnet oder aber geschlossen. Atmen Sie bewusst und ruhig ein und aus. Der Atem geht ganz von selbst und soll so gehen, wie er gehen will. Sprechen Sie dabei innerlich immer wieder einen Satz aus unserer Tradition.

Zum Beispiel: Gott, danke! / Du bist da, ich bin da! / Herr, erbarme Dich! / ... Versuchen Sie, einige Minuten so konzentriert zu atmen. Wenn Ihnen das nicht gelingen sollte, geben Sie nicht gleich auf. Auch das Misslingen gehört zum Leben. Haben Sie Ge duld. Vertrauen Sie darauf, dass Gott mit Ihnen ist, Sie umfängt, trägt und hält. Nach einiger Zeit öffnen Sie bewußt die Augen.

 

Schließen Sie mit einem Gebet:

Du Kraft, die mich ins Leben rief: ich danke dir für diesen Tag. Gib mir die Energie für die Aufgaben, die mir gestellt sind. Gib mir Liebe zu denen, die mir begegnen. Lass mich erfahren, dass du mir nahe bist in allem, was geschieht. So segne mich und alle, die Du mir schickst. Amen.

 

Löschen Sie das Licht der Kerze wieder aus und gehen Sie gestärkt Ihren Weg weiter. Ihre Anne-Christina Wegner