Projekt zur Begleitung von Gemeinden in veränderten Strukturen - Gewinnung von Ehrenamtlichen für den geistlichen und sozialen Aufbau

Einen Zwischenbericht finden Sie hier.

 

I. Bedingungsanalyse

1. Ausgangslage

Mit dem Weggang einer Pfarrerin treten Veränderungen gemäß dem aktuellen Stellenplan in Kraft: Die Pfarrstelle Karsdorf wird aufgelöst, zwei Kirchspiele mit je drei Predigtstellen, in verschiedenen Kleinregionen werden neuen Seelsorgebezirken zugeordnet. Im Folgenden geht es in der Beschreibung um das Kirchspiel Gleina. Um mit der veränderten Lage konstruktiv umgehen zu können, sind begleitende Maßnahmen sinnvoll, die nach Möglichkeit in einem Projekt gebündelt werden sollten.

Im Folgenden sollen Vorstellungen von dem Projekt für das Kirchspiel Gleina dargestellt werden.

Erhalten bleiben im Kirchspiel die Struktur des Kirchspielrates, die Zugehörigkeit zur Großregion surf und zur Kleinregion Laucha-Freyburg-Goseck und Grundvollzüge der Gemeindearbeit (Gottesdienste, Konfirmandenarbeit, Frauengruppen, Mittelalterkreis). Innerhalb der Grundvollzüge verändert sich aber viel, weil Zuständigkeiten von hauptamtlich verantworteter Arbeit zu ehrenamtlich verantworteter Arbeit verlagert werden müssen. Das betrifft neben dem geistlichen Leben vor allem die soziale Dimension und damit zwei Grunddimensionen der Gemeindearbeit. Das geistliche Leben ist mit Gottesdiensten bzw. öffentlichen Andachten untrennbar verbunden. Um trotz des personellen Abbruchs einen geistlichen Aufbruch zu ermöglichen, müssen Ehrenamtliche für eigenverantwortete Andachten in ihren Ortskirchen und für Lektorentätigkeit gewonnen und befähigt werden. Der Bezug zur Ortsgemeinde gewinnt vor allem angesichts der dramatisch veränderten Altersstruktur an Bedeutung. Für die soziale Dimension lässt sich die Veränderung und damit verbundene notwendige Reaktion besonders einfach am Beispiel der Geburtstagsbesuche zeigen: Bislang wurde dieser Dienst von der Pfarrerin geleistet. Das ist unter veränderten Bedingungen nicht möglich. Hier muss eine konstruktive Veränderung erfolgen, es müssen also Ehrenamtliche für diesen Dienst gewonnen und zugerüstet werden. Die soziale Dimension der Gemeindearbeit wird auch durch die bei Personalabbau zwangsläufig verringerte Präsenz eines HA in den Orten betroffen. Dass Kirche in den Gemeinden Gesicht zeigen kann, ist aber eine wesentliche Aufgabe, will man mehr als die Verwaltung der Restbestände. Außenstehende brauchen sichtbare Kirche, um ins Nachfragen und zu einer Kontaktaufnahme zu kommen. Hier spielen ein erkennbares geistliches Leben (Andachten und Gottesdienste) und innergemeindliche Kontakte (Besuchsdienste) eine entscheidende Rolle. Je mehr Menschen sich als Ehrenamtliche erkennbar mit der Gemeinde identifizieren, desto größer ist die Chance, dass Außenstehende Zugang zur Gemeinde finden.

 

2. Zahlen und Fakten 

Zum Kirchspiel Gleina gehören 501 Christen (Stand 15.10.10 KKA) inmitten von ca. 1200 Einwohnern. Die Strukturen sind grundsätzlich noch gesund. Es gibt eine GP Mitarbeiterin, die anteilig im Kirchspiel tätig ist und ca. 21 Ehrenamtliche, die vor allem im GKR und (in Gleina) als Lektoren arbeiten. Gottesdienst ist in Gleina 14-tägig, in Ebersroda und Baumersroda monatlich, sodass jeden Sonntag in einem der drei Dörfer ein Gottesdienst gefeiert wird. In den beiden kleinen Dörfern gibt es nur sporadisch Seniorenkreise, in Gleina treffen sich monatlich etwa 12 Frauen. Christenlehre ist wöchentlich in Gleina und Baumersroda. Außerdem treffen sich in Gleina übergemeindlich der Mittelalterkreis, der thematisch arbeitet und der Trinitatischor. Konfirmandenarbeit erfolgt von Goseck aus und bezieht das Kirchspiel Karsdorf mit ein. Diese Arbeit ist fest in die Region surf eingebunden. Der GKR leistet die Vorbereitung der Sitzungsarbeit, erledigt alle Baufragen und sammelt die Kollekte. Leitung, Abrechnung aller Geldmittel, Haushaltsfragen und Gemeindeblatterstellung waren bisher ebenso in der Hand der Pfarrerin wie die geistliche Leitung, die Besuchsarbeit und die Leitung der Gemeindekreise. Es ist dem GKR bewusst, dass sich hier erhebliche Veränderungen ergeben müssen. Gleichzeitig ist deutlich, dass für neue Aufgaben nicht die vorhandenen Ehrenamtlichen verpflichtet werden können: Sie sind schon stark eingebunden. Dementsprechend schwankt die Stimmung bei den Ältesten und in den Gemeinden zwischen Zuversicht, Resignation und Empörung. Die Empörung entzündet sich vor allem an dem empfundenen Missverhältnis zwischen (sich in Kirchensteuer und Gemeindebeitrag ausdrückender) Kirchentreue und zuverlässiger Präsenz von Kirche vor Ort. Auf diese gefühlsmäßige Gemengelage gilt es konstruktiv zu reagieren. Konstruktiv heißt: Es soll für die Gemeindeglieder neben dem Abbau der HA – Stelle ein Aufbau an Gemeinde erlebbar werden.

 

3. Der Plan 

Zwei Dinge sind miteinander in Übereinstimmung zu bringen: Die Gemeinden des Kirchspiels brauchen lebensfähige Strukturen und die vorhandenen Mitarbeiter brauchen leistbare Anforderungen. Beide berechtigten Interessen sind nur durch strukturelle und personelle Veränderungen zu erreichen. Dem soll ein Projekt dienen, in dem zeitlich befristet eine zusätzliche Kraft Ehrenamtliche gewinnt, in den Gemeinden neue Aufgaben zu übernehmen, während sich gleichzeitig Hauptamtliche der Zurüstung der Interessenten widmen. Dem Plan liegen Erfahrungen mit dem Projekt 30+ zugrunde, das im Nachbarpfarrbereich mit Erfolg läuft. Die Vorstellung dieses Projektes im Kreiskirchenrat ließ bei den Gleinaer GKR – Vertretern die Idee entstehen, ähnliches für die Zeit der Vakanz und der Eingliederung in einen neuen Pfarrberreich im Kirchspiel zu initiieren. Daraus entstand der Plan für das Projekt zur Begleitung von Gemeinden in veränderten Strukturen. Es ist den Kirchenräten bewusst, dass solch ein Projekt eine Kraftanstrengung für HA und EA bedeutet. Sie wollen sich dieser Anstrengung stellen, um neue Ehrenamtliche für

a) einen Besuchsdienst und

b) für die Mitarbeit bei Gottesdiensten und Andachten

zu gewinnen.

Dazu sollen inaktive Gemeindeglieder und interessierte Kirchenferne in nachgehender Besuchsarbeit angesprochen werden. Die Erfahrungen des Nachbarprojektes lehrt, dass für soziale Arbeit wie Besuche sich auch kirchenferne Menschen gewinnen lassen. Gleichzeitig ist bei den Gesprächen im Rahmen des 30+ Projektes ein über die Ränder der Gemeinden hinausgehendes Interesse an geistlichen Erlebnissen wie Andachten oder Meditationen im Kirchenraum deutlich geworden. Mit dem Projekt könnten zum Einen die drei Gemeinden des Kirchspiels in der Vakanz- und Übergangszeit auf dem Weg zu einem neuen Selbstverständnis begleitet werden. Damit können inaktive Christen ihre Gemeinden wieder entdecken. Gleichzeitig wird eine Öffnung zu den kirchenfernen Menschen vor Ort initiiert. Zum Dritten gewinnen die Gemeindeglieder durch die Zurüstung der neuen EA kommunikative und geistliche Kompetenz. Viertens wird die Gemeinschaft der Christen vor Ort durch regelmäßige Besuche gestärkt.

III. Projektvorstellung

1. Hauptziel 

Zielstellung ist es, die soziale und die geistliche Dimension des Gemeindelebens zu stärken bzw. zu entwickeln. Dazu sollen kirchliche Randsiedler und Kircheninteressierte angesprochen und für die Mitarbeit in der Ortsgemeinde gewonnen werden. Methodisch soll die über nachgehende Besuche mit dem Ziel des Aufbaus einer kontinuierlichen Verbindung zur Ortsgemeinde und über das Miterleben von Glaubenspraxis geschehen.

2. Begleitziel

Um das Hauptziel zu erreichen, brauchen wir Gemeindeglieder, mit denen die Angesprochenen Gemeinde erleben können, d.h., die selber bereit sind, sich im geistlichen und sozialen Bereich fortzubilden und mitzuarbeiten. Sie sollten mit den neu Interessierten gemeinsam für die Aufgaben des Besuchsdienstes bzw. der gottesdienstlichen Mitarbeit zugerüstet werden.

3. Konkretionen 

Das Projekt ist auf zwei Jahre angelegt. In dieser Zeit sollen durch persönliche Kontakte kirchliche Randsiedler und Kircheninteressierte neu Zugang zum Glauben und zur Kirche gewinnen. Auf ihre Mitarbeit müssen die vorhandenen Ehrenamtlichen vorbereitet werden. Beides muss ähnlich wie beim Projekt 30+ in aufeinander Schritten geschehen. Die Projektleitung sollte möglichst Frau Kohn übernehmen, die vom Projekt 30+ das nötige know how mitbringt, in den Orten des Kirchspiels u.a. durch ihre Arbeit als Lektorin gut bekannt ist und von ihrer Veranlagung und Qualifikation her der Aufgabe sehr gut gewachsen ist. In der Gemeinde muss sie durch den Gemeindekirchenrat und die Hauptamtlichen begleitet werden, d.h., die Ältesten und die HA müssen ihr zuarbeiten. Die Erfahrungen mit dem Vorgängerprojekt lehren, dass die Abgrenzung in Phasen nur eine grobe Orientierung bietet, im wirklichen Leben werden sich wieder parallele Phasen ergeben.

3.1. Die Besuchsphase 

Sie sollte etwa ½ Jahr dauern. In dieser Zeit werden von der Projektleitenden alle möglichen Gemeindeglieder und potentiell Interessierten besucht. Die dazu nötige Zuarbeit wird von den ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeitern geleistet und mit dem Pfarrbüro in Laucha organisiert. Bei diesen Besuchen geht es um

  1. persönliche Kontaktaufnahme

  2. erfragen von Interesse an Besuchsdienstarbeit oder an spirituellen Veranstaltungen

  3. einladen zu Veranstaltungen, die Einblick gewähren und Kenntnisse vermitteln

  4. informieren über / einladen zu alle/n bestehenden Gruppen in der Gemeinde

Am ehesten lässt sich diese Phase also mit „Gesprächsangebot und Einladung, mitzuwirken“ umschreiben. Parallel dazu erkundet die Projektleitende,wer von den aktiven Gemeindegliedern Interesse an der Mitarbeit beim Besuchsdienst bzw. an der Gestaltung von Gottesdienst und Andachten hat. Sie werden in die Besuchsarbeit bzw. in liturgische Vollzüge eingeführt. Alle Gruppen, EA und HA werden auf „neue Gesichter“ vorbereitet, um auch in anderen Gemeindekreisen eine bewillkommende Atmosphäre herzustellen.2

3.2. Die Fortbildungs- und Aufbauphase

Sie ist auf ca. 1 ½Jahr angelegt, einiges beginnt aber erfahrungsgemäß schon mit Beginn der Besuchsphase. Für die Fortbildung sind verschiedene Projekte geplant. So wird der Vikar im Rahmen seines gemeindepädagogischen Projektes im Kirchspiel Gleina an mehreren Abenden eine Gruppe von Interessierten mit liturgischen Vollzügen und spirituellen Möglichkeiten vertraut machen. Die Erprobung der Gemeindeagende und die Entwicklung von Andachtsformen sind zwei Aspekte, mit denen sich die Interessierten beschäftigen werden. Im Frühsommer werden im Pfarrbereich3 Veranstaltungen zur Wiederentdeckung biblischer Geschichten in den Ortskirchen angeboten, mit dem Ziel, eine Andachtswoche „Mit den Reformatoren durch die Bibel“ zu feiern. Diese veranstaltungen werden sowohl von den HA als auch von qualifizierten EA verantwortet. Für Besuchsdienstinteressierte wird es wenigstens zwei hauptamtlich verantwortete Veranstaltungen geben, die erste wird allgemein in den Hintergrund und den Vorgang von Geburtstagsbesuchen einführen, weitere werden ausgewählte speziellere Fragen aufnehmen, mit denen Interessierte bei Besuchen konfrontiert werden.

3.3. Die Fortführung 

Außerhalb des Projektes muss die Arbeit mit den neuen (und alten) EA fortgeführt werden. Dazu sollen regelmäßige Treffen von Lektoren / Andachtsgestaltenden bzw. des Besuchsdienstkreises dienen, bei denen vorhandenes vertieft und neues vermittelt werden soll. Die Einladung zur jährlichen Ehrenamtlichenehrung im Pfarrbereich ist selbstverständlich.

IV. Zielvorstellungen für Mitarbeiter und Gemeinde

- für die Projektleitende

Die Projektleitende soll die kirchlichen Randsiedler und Kircheninteressierten im Kirchspiel erfassen und besuchen. Hierbei wird sie durch Ehrenamtliche und Hauptamtliche unterstützt.

Weiter ist sie für die Organisation der Ausbildung von Ehrenamtlichen zuständig. Ihre Arbeit geschieht eigenständig, aber in Absprache mit und in Verantwortung gegenüber den entsprechenden Gemeindekirchenräten und gestützt auf die vorhandenen haupt - und ehrenamtlichen Mitarbeiter.

- für die „alten“ und „neuen“ ehrenamtlichen Mitarbeiter

Sie sollen zunächst die nötige methodische Zurüstung für die Mitarbeit erhalten. Dabei werden sie sich mit dem Glauben neu auseinandersetzen und ihn so weiterentwickeln. Für die bewährten EA bedeutet das auch eine Vergewisserung, für die neugewonnenen EA kommt zu dem Neuzugang zum Glauben die Erfahrung hinzu, dass sie mit ihren Fähigkeiten und Interessen in der Gemeinde wahr - und ernstgenommen werden. Das erhöht die geistliche Kompetenz in der Gemeinde und stärkt den sozialen Zusammenhalt.

- für die Gemeinde

Die Gemeinde erlebt, wie in einer Phase der Vakanz und des Stellenabbaus Neues wächst. Die positive Erfahrung nimmt die Angst vor Veränderungen. Sie erleben durch den Aufbau ihre Ortsgemeinden als lebendige, handlungsfähige Gemeinschaft mit einem erkennbaren geistlichen und sozialen Profil. Gleichzeitig wird der Zusammenhalt der Christen vor Ort gestärkt, sodass die Gemeinden den demographischen Veränderungen besser begegnen können: Der Vereinsamung der Einzelnen wird mit den Besuchen begegnet, die Ortskirche wird mit den selbstverantworteten Andachten bzw. Gottesdiensten als erreichbarer geistlicher Raum wiederbelebt. Das schafft auch eine Erfahrungsraum für Nichtchristen. Hier können dann spätere Projekte anknüpfen.

V. Technika

1. Gestaltung

Die Projektleitende arbeitet im Kirchspiel Gleina. Erstrebenswert für diese Arbeit wäre Frau Kohn, sollte sich dies nicht realisieren lassen, dann muss jemand gewonnen werden, die sowohl kommunikationsfähig, sozial kompetent und theologisch gebildet, in der Gemeinde verwurzelt ist und mit einem Computer umgehen kann. Der Anstellungsumfang sollte 25 % betragen.

2. Raum

Für die Arbeit sind im Kirchspiel Gemeinderäume vorhanden. Sie sind sowohl für Einzel - als auch Gruppengespräche geeignet. Für alles Organisatorische steht das Gemeindebüro des Pfarrbereichs Laucha zur Verfügung.

3. Finanzierung

Ein monatlicher Sachkostenbeitrag des Kirchspiels von 50 Euro ist vorgesehen.Außerdem übernimmt das Kirchspiel 10% der Lohnkosten.

Die Finanzierung der Projektleitenden wird vom Kirchenkreis erbeten. Die voraussichtlichen Kosten belaufen sich auf ca. 8000 €.

 

4. Verwaltung

Die Verwaltung der Sachkosten erfolgt im Kirchspiel Gleina. Die Verwaltung der Personalkosten erfolgt im KKA.

 

1Diese Gemeindeberatung verzögerte sich wegen organisatorischer Schwierigkeiten auf Landeskirchenebene. 

2 Erfahrungen mit anderen missionarischen Projekten zeigen, wie wichtig es ist, dass es eine offene Atmosphäre in den Gruppen gibt. Der persönliche Kontakt zu einem Projektleiter muss zum Einstieg in ein Beziehungsnetz werden, sonst bricht der Kontaktversuch relativ schnell wieder ab. Darum gehört zu diesem Projekt unbedingt die organisierte Zusammenarbeit zwischen Gemeinde (Ehrenamtliche, Hauptamtlichen, Gruppenteilnehmenden) und Projektleitung dazu.

3 Gedacht ist an eine Veranstaltung in Thalwinkel, eine in Laucha und eine in Gleina.